Im Folgenden soll die Restauration eines Grammophons von der "Deutschen Ultraphon AG" vorgestellt werden. Das Wiedergabeprinzip geht auf eine Erfindung von H.J. Küchenmeister zurück. Das Gerät besitzt zwei komplette Tonarme mit Schalldosen und Schallaustrittssystemen. Die letzteren sollen laut Angaben des Erfinders annähernd um 90 Grad versetzt sein. Die Tonarme sind so angeordnet, daß sie mit ihren Abtastnadeln im Abstand von ca. 8cm auf die Platte aufgesetzt werden können. Bei einer Plattendrehzahl von 78 U/min sind die beiden erzeugten Tonfrequenzsignale um 100 ms zeitversetzt. Das Ergebnis ist ein Gewinn an Klangfülle. Ein früher Versuch (man schrieb das Jahr 1924/25) einen pseudostereofonen Eindruck beim Hörer zu erzeugen. Das recht seltene Abspielgerät für Schelllackplatten wurde in der Sammlung des Adlershofer Requisitenfundus entdeckt.
Es handelt sich hierbei um ein Tischgerät. Der Zustand ist unter Berücksichtigung des etwaigen Alters gut. Ersten Betrachtungen der Bauteile nach könnte das Gerät noch in den 20iger Jahren des 20.Jh. gefertigt worden sein. Die Körper der Tonarme sind aus Holz. Die Körper der Schalldosen sind ebenfalls aus Holz. Die Membranen der Schalldosen bestehen aus Glimmer. Das Federwerk hat 2 Federn.  Nebenstehend ist die Plakette mit der Gerätenummer 6654 zu sehen. In dem mir vorliegendem Buch von Herbert Jüttemann "Phonographen und Grammophone" ( 4. Auflage, 2007) ist auf Seite 187 ein Ultraphon ebendieser Bauart abgebildet. Quelle ist das Archiv der Firma EMI- Electrola, Köln.
Zur Überarbeitung des Holzkorpus wurde dieser von allen Bauteilen befreit. Als einzige verbleiben die Nadelablagebecher. Sie sind eingepresst und das Risiko der Deformation beim Ausbau wollte ich nicht eingehen.
Diese beiden Trichter verbinden den Schallausgang der Tonarme mit den Endstücken der hölzernen Schalltrichter. Die abgebildeten Formteile sind aus 0,6mm Eisenblech gefertigt. Die vorhandenen Anrostungen wurden gründlich entfernt. Nach einer Grundierung wurde die Originalfarbe Mattschwarz wieder aufgebracht.
Beide hölzernen Tonarme sind in gutem Zustand. Die Tonarme sind in einem Metallringsitz gleitgelagert. Auf Leichtgängigkeit ist zu achten. Im vorliegendem Fall war das Schmierfett schon recht steif und mußte erneuert werden.Im Gegensatz zu anderen Abtastsystemen, bei denen sich nur das letzte Knie vor der Schalldose gemeinsam mit dieser auf die Schallplatte absenken läßt, liegt hier die Schalldose mit dem ganzen Tonarm auf. Nicht verwunderlich, daß Teile der Tonarme und der Schalldosen aus Holz gefertigt wurden. Neben der Gewichtseinsparung mögen auch klangliche Aspekte bei der Materialauswahl eine Rolle gespielt haben.
Der Schriftzug Grubu steht für die Firma Gruoner & Bullinger. Der Betrieb wurde 1904 in Winterbach- Schorndorf gegründet und siedelte 1920 nach Stuttgart um. Die Produktion umfasste Federlaufwerke, mechanische Spielwaren und später Fahrradbeleuchtungen. Der Gravur nach sind die Federwerke auch nach Spanien geliefert worden. Nach der Weltwirtschaftskrise (1929-32) wechselte die Firma das Gewerbe und entwickelte sich zu einer erfolgreichen Transportfirma.

Erklärung der Beschläge und Kleinteile

1 : Stopper für Federwerk und Plattenteller ;  6 : Hinweisschild für 3

2 : Einführung der Kurbel in's Gehäuse       ;  7 : Ablagen für Tonarme

3 : Stellschraube für Geschwindigkeit         ;  8 : Zwischenringe für Tonarmhalterung

4 : Kurbel zum Aufziehen des Federwerks   ;  9 : Typenschild

5 : Raststütze für Abdeckhaube

Die Mühe hat sich gelohnt. Wenn auch der Klang für unsere verwöhnten Ohren etwas ungewöhnlich ist. Die verbesserte Klangfülle dank zweier Abtastsysteme ist schwerlich nachvollziehbar. Aber dieses Grammophon in Aktion zu sehen ist eine Freude. Respekt vor der Idee H.-J. Küchenmeisters und ihrer gekonnten Umsetzung.