Von der Loewe Mehrfachröhre und dem legendären Ortsempfänger 333 hatte ich schon mehrfach gelesen und gehört. Nun aber hielt ich ihn in den Händen. Zweifellos es war ein Original. Der Besitzer hatte diesen Empfänger zusammen mit einem Trichterlautsprecher und einem Gleichstromnetzteil beim Beräumen eines Hauses am Berliner Stadtrand entdeckt. Dieser erste Massenempfänger vermittelt das Gefühl an der Wiege des Rundfunks zu stehen. Ich dachte sofort an die Wiederbelebung des mittlerweile seltenen und ziemlich hoch gehandelten Sammlerstücks.
Rein optisch konnten keine gravierenden Mängel festgestellt weden. Die Überprüfung des Heizkreises ergab eine Unterbrechung. Glücklicherweise war es der Einschalttaster und nicht die Mehrfachröhre 3NF. Der Taster war schnell repariert. Nebenbei entdeckte ich noch, dass die Verbindung des Rotorpaketes vom Drehkondensator fehlte. Die dünne Verbindungslitze war vom Festpunkt abgerissen und hatte sich um die Antriebsachse gewickelt. Ein Ausbau des Drehkos war nicht zu umgehen.
Wenn die Zahl 12272 die fortlaufende Gerätenummer ist, dann wäre dieses Gerät eines der Ersten angesichts der Fertigungsstückzahl von ca. 1 Mio. Der Aufdruck "Karl Dobbelin & Co." auf der Innenseite des Gerätebodens könnte auf den Herstellers des Gehäuses hinweisen oder gar auf den Produzenten des ganzen Gerätes. Eine Recherche zu diesem Firmennamen (auch Döbbelin) ergab nichts.
Nach Fertigstellung eines Netzgerätes erfolgte die Erprobung mit einem AM- Meßsender. Meßfrequenz 1MHz, moduliert mit 400Hz, lose Ankoplung an die Antennenspule. Der Lautsprecheranschluss wurde mit 4kOhm belastet und dazu parallel ein Oszillograph geschaltet. Die Funktion des Audions ohne Rückkopplung konnte nachgewiesen werden. Nur der Ton am Lautsprecherausgang war verzerrt. Experimente mit der Gittervorspannung des 3. Röhrensystems ergaben eine völlige Unempfindlichkeit der letzten Triode gegenüber Gitterspannungsänderungen (Sollwert -7,5V) selbst positives Gitterpotential hatte keinen Einfluß auf den Anodenstrom. Meine Vermutung ist ein defekter Gittervorwiderstand (in der Schaltung von mir mit R4 bezeichnet). Klarheit hätte eine weitere Röhre 3NF bringen können, aber eine solche stand leider nicht zur Verfügung.
Der gut erhaltene Trichterlautsprecher ist auch elektrisch noch intakt. Von der mittleren Anschlussklemme ausgehend, weisen die äußeren Klemmen jeweils einen ohmschen Widerstand von 1 kOhm auf. Töne aus diesem Lautsprecher und die drei glühenden Heizfäden der 3NF vermitteln in einem Raum bei Dämmerlicht das anheimelnde Gefühl des Radiohörens gegen Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts.